Freitag, 22. Februar 2008

Isla Magdalena e Isla Marta

Ein Highlight meines Besuches in Punta Arenas! Die Bootsfahrt zur Isla Magdalena und zur Isla Marta. 
Auf der Isla Magdalena leben schätzungsweise 200.000 Magellan-Pinguine. Die Pinguine leben aber nur in den Sommermonaten hier, Ende März ziehen sie sich in wärmere Gewässer zurück und kehren - ohne zwischendurch an Land zu gehen - erst Ende Oktober wieder. Der Magellan-Pinguin, auf schlau: Spheniscus magellanicus, ist recht klein, etwa 70 cm groß, wiegt ca. 4 kg und hat als besondere Charakteristika den schwarz-weißen Kopf sowie einen schwarzen Streifen, der am oberen Rand der Brust verläuft.

Morgens gegen 7 Uhr ging es los. Ein paar Franzosen, Chilenen und ich wurden mit einem Kleinbus zu einem ca. 20 km nördlich von Punta Arenas liegenden Kiesstrand gebracht, wo wir mit Schwimmwesten bestückt auf in das motorisierte Schlachboot stiegen. Von dort aus ging die 40minütige Seefahrt auf der wellenreichen Magellanstraße los.

Begleitet von Delphinen, sog. Toninas, platschte unser Boot über die Wellen in Richtung der weitentfernt liegenden Isla Magdalena. Das gefiel mir gut :-) Die Insel kam immer näher, bis wir schließlich den Leuchtturm der Insel sehen konnten. Kurz darauf legten wir an, folgten dem Weg über einen Steg und schon waren wir inmitten von tausenden Pinguinen, die den Besuch von Touristen anscheinend nicht mehr allzu nervig fanden.
Vorgegeben war eine Stunde für freien Verfügung. Ein mit Bändern abgesteckter Weg zeigte den Touristen bis wohin sie gehen durften und führt mit einigen Umwegen bis hin zum Leuchtturm, von dem aus die Sicht über die gesamte Pinguin-Kolonie möglich war. Wahnsinn. Da soll nochmal jemand im Zoo was gegen die Haltungsbedingungen sagen... die leben hier auf engerem Raum als in Münster!!!
Die Stunde ging schnell vorbei. Wir bestiegen das Boot aufs Neue und schipperten zur nächsten Attraktion: der Isla Marta. Dort erwarteten uns schon die Seelöwen und bölkten oder rulpsten um die Wette ;-) 
Auf dem Rückweg begleiteten uns wieder die Delphine bis zum Anlegen. Der Ausfluag war nicht ganz billig, aber gelohnt hat es sich auf jeden Fall! 

Samstag, 16. Februar 2008

Der Circuito Grande im Torres del Paine

Ist doch ein bisschen lang geworden...

Fr, 01.02.08
Der Bus hält an! Welch ein Glück! Bei einer Vollbesetzung des Bus' wäre er einfach weitergefahren, aber es sind noch schätzungsweise 3-4 Plätze frei. 2000 Peso, die in etwa 3 Euro entsprechen, gebe ich dem Busfahrer für, so wie ich meine, die sehr günstige Fahrt von 80 km nach Puerto Natales (später: nur komisch dass ich für den den gleichen Weg zurück dann nur 1500 Peso bezahlen musste?!?). Während der Suche nach einem freien Sitzplatz schauen mich nur verschlafene Augen an, da die meisten hier schon seit ca. 2,5h von Punta Arenas aus hier im Bus sitzen. Obwohl ich die Landschaften und die Natur Patagoniens absolut spannend finde, reizt mich der Weg nach Puerto Natales nicht mehr - hier kenne ich schon jeden Baum aus den vergangenden Wochen, so dass ich mich lieber mit meinem brasilianischen Sitznachbarn unterhalte...

Sa, 02.02.08
Wieder schließen sich die Türen des Bus'. Diesmal jedoch nicht des Bus' nach Puerto Natales, nein, nun geht's direkt in den Nationalpark. Wobei mit direkt der Umweg über sämtliche Hostals in Puerto Natales gemeint ist. Da mein Hostal eines der ersten Anfahrtsorte ist, kann ich nun durch mein Fenster alle weiteren Zusteigenden begutachten: Südamerikaner, Nordamerikaner, Engländer, Franzosen, usw...
Die letzte Nacht war kurz (6 Std.), aber in Hinsicht auf die kommenden Tage äußerst luxoriös. Einzelbett, saubere sanitäre Einrichtungen, american-style-breakfast! Das alles vermisse ich jetzt schon, erst recht beim Anblick des vollkommen bedeckten, patagonischen Himmels und der auf den Boden platschenden Regentropfen. That's patagonia! Wenn eines hier verboten ist, dann ist es die Frage nach dem Wetter. Das ändert sich hier minütlich!
Nach 2,5 Std. ist endlich soweit und der Park zeigt sein Wahrzeichen. Der erste Blick auf die Torres del Paine ist sehr imposant, obgleich die Spitzen dieser Granitnadeln in Wolken ragen, so dass ich spontan entscheide zuerst mit dem Circuito, dem Rundwanderweg, anfange, um dann nach 8 Tagen wieder einen Versuch zu starten, ein traumhaftes Foto von den Namensgebern dieses Nationalparks zu machen. Trekker oder Hiker sind halt "Esclavos del barómetro", Sklaven des Barometers! ;-)
Die erste Etappe des Wanderwegs durchquert die Pampa, die Steppengebiete des Parks und folgt dem Río Paine in Richtung Norden. Dieser führt milchig-trübes Gletscherwasser, welches jedoch unglaublich gut schmeckt. Wir verlassen die Gesellschaft des Flusses und Pfad führt uns, d.h. zwei Chilenen, Lea und Rene, und mich, in ein blütenreiches Wiesental, das zeitweise von niederwüchsigen Krummholz-Ñirrewäldern (Nothofagus antartica) unterbrochen wird, bis wir nach 5 Std. das Ende der ersten Etappe, das Campamento Serón erreichen.
Mein Magen, während und nach dieser Etappe, nur mit einem Asia-Nudelsnack und einem Apfel bestückt, schreit nach mehr, wird aber aufgrund einer strengen Rationierung der Lebensmittel erst morgen wieder was zum Verdauen bekommen.
Die heutige 14km-lange Wanderung steckt mir einerseits sehr in den Beinen, andererseits jedoch vielmehr in den Schultern und Hüften. Morgen werde ich meinen Rucksack an einer Waage hier am Campamento wiegen, aber die vorherige Schätzung hinterlässt Falten auf meiner Stirn. Essen für 9 Tage, Töpfe, Kocher, Kleidung, Schlafsack, Isomatte, Zelt und und und... Eine unglaubliche Last, die jedoch im Angesicht der atemberaubenden Landschaft leichter erscheint.
Der erste Tag in den Bergen der zwölften Region neigt sich dem Ende hingegen. Mein in Punta Arenas gekauftes 1Mann-Zelt muss sich nun entgegen meiner Zweifel bezüglich der Wasserundurchlässigkeit beweisen. Nach einem tollen ersten Tag mit einem leichtbewölkten Himmel mit vielen Sonnenlöchern, ziehen jetzt aus dem Nichts Regenwolken auf und weihen mein neues, gelbes Zelt ein!
Mit etwas Hunger und reichlich Müdigkeit stecke ich mich nun in meinem Schlafsack und zähle die Regentropfen bis zum Einschlafen...

So, 03.02.08
Kurz nach Mitternacht wache ich aufgrund des Lärms durch den prasselnden Regen auf. Ich taste mein Zeit nach Eintritten von Wasser ab. Meiner Fingerspitzen signalisieren mir ein bisschen Feuchtigkeit, jedoch sind keine direkten Wasserschäden zu vermerken, so dass mein Zelt in meinen Augen an Wert gewinnt. Zwei Stunden später werde ich wieder von ungewöhnlichen Geräuschen geweckt. Diesmal ist es nicht der Regen, sondern ein ohrenbetäubendes Rauschen, das mich aus dem Schlaf gerissen hat und kurz darauf mein Zelt durchschüttelt. Wind! Jedoch eher Sturm! Nach meiner Einschätzung mindestens 60-70 km/h schnell. Sofort versuche ich das Hauptgestänge meines Nylonhauses zu fassen und zu festigen. Unglaublich! Schnell untersuche ich den Halt der Zeltecken und bin nach Feststellung des ordnungsgemäßen Zustands der Heringe erleichtert. Die Windböen kündigen sich immer mit einem Rauschen an, dann fängt mein Unterschlupf an zu zittern, bevor schlussendlich alle Seiten zu wackeln beginnen. Nach mehreren Böen schlafe ich, gebeutelt von der ersten Tagestour, wieder ein. Mein Zelt hält! Und zwar die ganze Nacht! *hehe*
Gegen 7.15h klappern die ersten Töpfe am Zeltplatz und mit dem ersten Blick aus dem Zelt werde ich mit einem riesigen und farbenprächtigen Regenbogen begrüßt. Ein Traum! Über uns, ein strahlend blauer Himmel, jedoch schiebt der Wind einige wenige Wassertropfen von entferntziehenden, grauen Regenwolken zu unserem Campamento herüber.
2 Std. später geht es los. Treffpunkt mit einem Ehepaar aus Freiburg, Michael und Anja, ist die Federwaage am Campingplatz. 22 kg zeigt die Waage ohne Wasser und Kameratasche an. Oh! Das ist wirklich viel. Die beiden Freiburger gehen jedoch mit ähnlichen Voraussetzungen an den Start, das Gewicht der Rucksäcke ist mehr oder weniger identisch. Der Wanderweg führt uns diesmal über einen stürmischen Pass und an einem wunderschönen See vorbei, wieder durch kleine Ñirre-Wäldchen, bis wir nach 8 Std. endlich das Campamento Dikson von einem Hügel aus am gleichnamigen See erkennen können.
Endlich sind die ca. 19 km bewältigt und das Ziel in Sichtweite und erreichbarer Nähe. Nach einem kleinen Abstieg durch blühende Fuchsia-Sträucher begrüßten uns bereits Sören und Kathrin, zwei Nürnberger, die wir ebenfalls am letzten Abend beim Campamento Serón getroffen haben. Der Tag war lang und hart. Nach einem langersehnten Abendmahl, bestehend aus Reis und Ají chileno, einer feurigen, chilenischen Tomatensauce, und der Verarztung meiner heute erwandernten Blase am rechten Fuß, schließe ich nun meine Augen und hoffe auf eine ruhige und trockene Nacht...
Mo, 04.02.08
Heute verabschieden wir uns von der Pampa und tauchen ein in den Südbuchenwald. Der Pfad steigt entlang des Río de Los Perros bis zum gleichnamigen Campamento auf. In diesen Wäldern stocken nun die Lenga (Nothofagus pumilio). Zwischen den alten, hohen Bäumen, deren Rinde mit langfädrigen Flechten (Barba de Viego) bewachsen ist und wie der Name bereits verrät, Bartwuchs ähnelt, finden sich viele umgestürzte Bäume mit riesigen Wurzeltellern, die der patagonische Windgott auf dem Gewissen hat. Die Vegetation hier kenne ich nach meinen mehrwöchigen Untersuchungen in den Nothofagus-Wäldern in der Nähe von Puerto Natales nur zu gut. Acaena magellanica, Adenocaulon chilensis, Blechnum penna-marina, Berberis buxifolia etc...
Kurz vorm Ende der heutigen Etappe besteigen wir eine grobkiesige und nur spärlich mit Gebüschen und Bäumen besiedelte Endmoräne des Gletschers Los Perros bis wir schließlich über einen Gletschersee die Eismassen zu Gesicht bekommen. Gleichzeitig schießt uns der Gletscher zur Begrüßung seinen eisigen Atem ins Gesicht, so dass wir umgehend die Rucksäcke ablegen, um uns mit Windjacken zu bestücken.

 Neben einzelnen, windgepeinigten Bäumen führt uns der Circuito grande über ein großes Kiesfeld in einen nahegelegenen Lengawald, in den wir das Campamento Los Perros auffinden und die obligatorischen 3.500 Peso pro Person vor Aufbau der temporären Unterkünfte beim Guardaparque, dem Ranger und Campingplatz-Aufseher, bezahlen. Als Gegenleistung erwarten uns Gletscherwasser-Duschen mit Original-Temperatur, zwei Toiletten und eine Hütte zum Kochen und Essen zur Verfügung. Diese ist jedoch amateurhaft um einen alten Baum herum gezimmert und erinnert etwas an eine alpine Schirmbar aus dem Winterurlaub in Östereich. Hier finden wir Schutz vor Wind und Kälte und Kochen unser feistes Essen! Reis mit Erbsen&Mais aus der Tüte...

Di, 05.02.08
Die Nacht ist kalt! Die Nähe zu den Gletschern auf dieser Seite der Torres-del-Paine-Kordilliere ist deutlich spürbar. Mit langer Unterhose, einer Pyjamahose, einem langen Thermoshirt und Fleece-Pullover verbringe ich die Nacht im Zelt, in Embryonalstellung in meinem dünnen Schlafsack. Gegen 6 Uhr wache ich das erste Mal auf. Ich friere! Schnell werfe ich noch meinen Windstopper und meine GoreTex-Jacke über meine Schlafsack, um die Körperwärme etwas zu speichern. Irgendwie schlafe ich wieder ein, bevor ich gegen 8.30h mein Zelt verlassen muss und in meinen kalten Wandersachen steige. Brrrrrr...! Beim Zusammenrollen des Schlafsack kontrolliere ich dann den eingenähten Produkthinweis: Komfortbereich ist über 8°C, der Übergangsbereich zwischen 8 und 3°C, alles weitere darunter ist der Risikobereich! Hui! Mein Schlafsack ist dann vielleicht doch etwas dünn für den patagonischen Sommer!
Der Paso John Gardner steht uns bevor: Campamento Los Perros bis zum Campamento Paso - die Königsetappe! Da diese Tour nur bei gutem Wetter zu empfehlen ist, sind wir erleichtert, dass nach dem Aufstehen die Sonne durch die durch Wind bewegten Baumkronen entgegenblinzelt. Wieder ein perfekter Tag zum Wandern im Großen Süden von Chile. Falls hier in Chile ebenfalls Petrus für das Wetter verantwortlich ist, meint er es gut mit uns!
Der Weg bleibt anfangs im Lengawald - dort wurde es sehr sumpfig und ich freue mich wieder über die Anschaffung meiner GoreTex-Wanderschuhe. Dies ist also der Teil der Etappe, der im lonely planet mit "...mud, sometimes knee-deep..." bezeichnet wurde. Da kommt uns wiederum das Wetter zu Gute. Die Trockenheit der letzten Tage und Wochen sorgte für eine sehr gute Passierbarkeit dieses Streckenabschnitts.
Der Weg verlässt nun abrupt den Wald und verläuft weiterhin entlang der Baumgrenze über weiträumige Geröllfelder, in denen die Gehrichtung mit orangefarbenden Stocken markiert wurde. Hier nahm der Wind, der über den Pass kommt, deutlich an Stärke zu. Nach reichlich Höhenmetern, Gletscherbächen und Schneefeldern erreichen wir endlich gegen Mittag den ca. 1200m hohen Pass. Dank der günstigen Wetterlage bietet sich uns eine fantastische Sicht auf den riesigen Eisstrom des Grey-Gletschers.
Der Abstieg zum 400m tiefer gelegenen Campamento ist absolut steil und schlüpfrig und obendrein eine Belastungsprobe für unsere Kniegelenke. So manche Südbuche muss während des Abstiegs als Rettungsanker für hinabrutschende Trekker herhalten. Kurz vor dem langersehnten Campingplatz pausieren wir an einen Gletscherbach mit ebenfalls beeindruckender Aussicht auf die Eismassen und befüllen unsere Trinkflaschen aufs neue mit hervorragend kühlem und wohlschmeckendem Gletscherwasser. Gegen 16.30h erblicken wir dann nach ca. 7 Std. Wanderung unsere Bleibe für die kommende Nacht.

Mi, 06.02.08
Ich wache auf, gegen 5.30h und höre die Regentropfen auf mein Zelt prasseln. Ich strecke meinen Arm aus dem Schlafsack und spüre die Kälte des Greygletschers. Es ist schon wieder arschkalt und ich friere. Meine Fingerspitze an der Zeltwand informiert mich über die Menge des Kondenswassers, das sich während der Nacht in meinem Zelt abgesetzt hat. Leider hat mein super-light-weight-tent nur eine Außenhülle, die mein hab und Gut vor der lebensfeindlichen, nächtlichen Außenwelt trennt. Zumindest scheint das Regenwasser keinen Zugang zum Inneren des Zelts gefunden zu haben...
Wieder wache ich auf. Die Stimmen meiner Zeltnachbarn sind nicht zu überhören, es ist 8 Uhr und Zeit, sich mental auf ein Aufstehen vorzubereiten. Zuerst nehme ich wie jeden Morgen mein Spülschwämmchen und wische das eiskalte Kondenswasser an allen Zeltwänden ab und deponiere es in meinem Trinkbecher. Gute 2 cm lassen sich insgesamt aus dem Schwamm quetschen.
Mein Wanderkollege setzt mich über die Außentemperatur in Kenntnis: 4,5°C!!! Also 1,5°C über dem Risikobereich! Soll man sich darüber freuen?! Ich bin mir nicht sicher. Ich lese nochmal die Produktbeschreibung... "Im Risikobereich ist mit starken Kältempfindungen zu rechnen. Es besteht das Risiko von Gesundheitsschäden durch Hypothermie (Unterkühlung)!"
Ok, ich bin schlecht ausgestattet und das macht mir das Wetter jede Nacht deutlich bewusst! :-(
Ca. 2 Std. später geht es dann endlich los. Mit etwas Haferbrei im Magen durchstreifen wir weiterhin die alten Lenga- und Ñirrewälder östlich des Greygletschers. Immer wieder verlässt der Rundwanderweg den Windschutz der Bäume und führt seiner Begeher über felsige Trampelpfade an steilen Abhängen mit Panoramablick und durch tiefe Geröllschluchten, die wir mittels langer Stahlleitern überwinden können. Immer wieder lässt sich unser ständiger Begleiter, Señor Grey, aus diversen Perspektiven bestaunen und fotografieren.
Am Campamento Los Guardos überholen wir den ewig langen Eisblock und tauchen wieder in einen Wald aus Lenga und Coigüe (Nothofagus betuloides) ein. Der erste Blick auf unser heutiges Nachtlager lässt unseren Atem stocken. Zwischen großen Südbuchen, auf einem Grobsandstrand finden wir bereits einige beheringte Zeltplanen mit direktem Blick auf den, nomen est omen, silbergrauen Lago Grey. Traumhaft schön! Die brennendheiße Sonne wartet quasi nur darauf unsere feuchten Zelte der vorherigen Nacht zu trocknen und unsere Haut mit Wärme zu verwöhnen. Das Beste jedoch: es gibt endlich wieder heißes Wasser! Die letzte Duscheinheit liegt ca. 50 km schweißtreibender Wanderung zurück, so dass der wohltemperierte Wasserstrahl, naja, Strahl ist etwas übertrieben ;-), ein unbeschreibliches Glücksgefühl hervorruft. Mit einem Grinsen auf den Lippen bei dem Gedanken an die erlebten Momente, an die erblickten Landschaften und die bestrittenen Höhenmeter betreten wir alle das Refugio Grey, eine Art Gasthaus, und gönnen uns einen Tetrapak Wein! Salud! ...

Do, 07.02.08
Diese Nacht war deutlich wärmer als die letzte. Zwar steht mein Zelt nur ca. 20m vom Ostufer des Greysees, dessen Wassertemperatur sicherlich nicht die 3°C-Grenze überschreiten wird, jedoch blieb es die Nacht über trocken und, man staune, windstill. Kein Lüftchen im Nationalpark Torres del Paine! Irgendwie komisch! Ist das die Ruhe vor dem kommenden Sturm?
Diese Frage spukt mir im Kopf herum als ich den ersten Tagesgang zur Camping-Toilette bestreite - wohlbemerkt mit Handschuhen!!! Wie jeden Tag erlangen die Muskeln nur sehr langsam Aktionstemperatur, so dass es wieder 3 Stunden dauert, bis der deutsche Trupp sich vom Refugio Grey verabschiedet und südwarts in Richtung Pehoe wandert. Das Wetter ist auf unserer Seite, die patagonische Sonne scheint ohne Wind mindestens doppelt so stark zu sein. Nach den ersten Strecken- und Höhenmetern entlang des Greysees ist die Körpertemperatur im roten Bereich. Die Windjacke und der Fleece-Pullover werden am Rucksack befestigt und der Marsch wird im T-Shirt fortgesetzt. Mit der heutigen Etappe wird der Rundweg, das sogenannte "O", gleichzeitig zu einem Teil des "W"s, den 95% aller Touristen bewandern.
Daher machen wir uns schon beim Aufbruch darauf gefasst, viele Gleichgesinnte auf der Strecke zu begegnen, die natürlich alle mit einem freundlichen "Hola" begrüßt werden wollen.
Nach 4,5h entdecken wir endlich die Dachgiebel des Refugios Pehoé am, wie sollte er anders heißen, Lago Pehoé. Zeit für die Mittagspause. Nach dem ersten Bissen vom Salamibrot wird sofort der Minimarket des Refugios aufgesucht, um das Mittagsmahl mit Softdrinks zu komplettieren. Statt einer kleinen Bude ohne Selbstbedienung erwartet uns hier im Vergleich zu den Vortagen ein richtiger Supermarkt. Volle Regale mit Keksen, Schokolade, Pasta, Saucen, Marmelade, Müsliriegel sowie Kühlschränke mit Cola und Saft. Der Anblick versetzt uns in Goldgräberstimmung und wir stürzen uns mit Kaufrausch auf den kleinen Laden.
Beim Aufbruch zum nächsten Campamento ist der Magen ungewohnterweise randvoll und erschwert die ersten Schritte. Durch relativ einfach Wege erreichen wir nach der Durchquerung von weiträumigen Pampaflächen mit Notro (Embothrium coccineum)-Bewuchs gegen 19h die heutige Ruhestätte.
Der Tag war anstrengend, jedoch zaubert der Gedanke an die morgige Etappe ein genüssliches Lächeln auf die Lippen. Die nervigen, stiefkindlich behandelten Rucksäcke bleiben liegen und das Valle Francés wird ohne Zulast besucht. Dieses Tal bildet nämlich eine Sackgasse im Circuito grande, so dass wir erst nach 6h Wanderung unser Gepäck wieder schultern, um zum nächsten Refugio zu pilgern...

Fr, 08.02.08
Planänderung! Der nächtliche Regen will einfach nicht aufhören. Wir entscheiden in den Schlafsäcken zu bleiben - diese Nacht war Gott sei Dank auch nicht so kalt - und auf etwas trockenere Witterungsbedingungen zu warten. Gegen 10h lichtet sich der Himmel etwas, jedoch tröpfelt es weiter. Gut, dass die heutige Etappe nur einen Ausflug in ein Tal darstellt und somit nicht unbedingt für das Weiterkommen im Rundkurs entscheidend ist. Michael und ich beschließen jedoch dem Wetter zu trotzen und das französische Tal zu erkunden.
Der Weg ist vom Regen glitschig und erfordert mehr Konzentration beim Übersteigen von Gesteinen. Die Sicht ist heute ebenfalls wegen des Wetters eher mäßig, aber uns begeistert trotz allem der gewaltige Gletscherbach mit dem schneebedeckten Cerro Paine Grande im Hintergrund.
Beim Umdrehen reicht die Sicht bis auf den Lago Pehoé und die angrenzenden Hügelketten. Die Sonne kämpft mit den dichten Regenwolken, ist aber weiterhin wenig erfolgreich, so dass wir gegen 12.30h umkehren und 90min durchnässt am Ausgangspunkt zurückkommen. Die regennassen Zelte werden gebündelt und schon gehts weiter zum 2h-entfernten Nachtlager, das Campamento Cuernos.
Der Weg scheint anfangs recht unspektakulär bis wir jedoch plötzlich vor einem traumhaft schönen Kiesstrand mit weißen und schwarzen Steinen stehen, der uns ein Blick auf den Lago Nordenskjold erlaubt. In Anbetracht des besser werdenden Wetters und diesem Ausblick wird erstmal pausiert. Zum Cuernos kann es aber nicht mehr weit sein und uns lockt der Gedanke, endlich die durchnässten und verschwitzten Wanderschuhe gegen FlipFlops einzutauschen.
Folglich wird die Pause verkürzt und wir folgen dem Weg am See entlang bis wir unser heutiges Ziel erreichen. Jeweils eine Dose Bier und ein Stück frisch gebackenes Weißbrot aus dem Refugio stimmt uns nach diesem regnerischen Tag wieder fröhlich, bevor wir gegen 22.30h ziemlich geschafft in unsere Schlafsäcke kriechen...

Sa, 09.02.08
Wir folgen weiter dem "W". Nach einer ungewöhnlich warmen und trockenen Nacht und dem alltäglichen Porridge-Breakfast starten wir in die heutige 15km-lange Etappe ins Torres-Tal, bzw. ins Valle Ascencio. Die Rücksäcke sind wieder auf den Rücken geschnallt - mal fühlt sich schon fast komisch, wenn man das Gewicht auf dem Rücken mal nicht spürt - und wir traben entlang des Nordenskjold-Sees in Richtung der Hostería Los Torres. Eigentlich trifft man hier kaum Touristen?! Komisch, wo sind die denn alle hier?
Nach der Mittagspause gehts steil ins Valle Ascencio, wo wir direkt wieder mit schlechtem Wetter begrüßt werden. Wir entscheiden uns gegen den Weitergang zum nächsten Campamento und bauen unsere Zelte auf, kurz bevor es anfängt zu regnen. Glück gehabt! Somit hocken wir uns zum Aufwärmen ins Refugio Chileno und genehmigen uns erstmal ein Bier :-) Wandern, Campen und Bier trinken ergänzt sich irgendwie super!
Der morgige Wanderplan wird geschmiedet: Wir stehen um 4h (ja, morgens!) auf und bestreiten den Wanderweg zum Mirador (Aussichtspunkt) der berühmten Torres del Paine mit Hilfe unserer Taschen- und Stirnlampen. Wenn das kein Plan ist!

So, 10.02.08
Der Wecker klingelt... wer ist eigentlich auf die schlaue Idee gekommen, wirklich um 4h zu starten? Ahja, Michael aus Freiburg! :-( Dessen Taschenlampe sehe ich auch schon im Nachbarzelt flackern. Mmmh... also dann gehts wohl jetzt los! Schnell die Zähne geputzt, rein in die durch getrockneten Schweiß und Dreck immer härter werdenden Wanderklamotten, Kappe auf und raus aus dem Zelt. Brrr.... ist das kalt. Nun haben wir noch ca. 2 Std. Zeit, um den Aussichtspunkt zu erreichen. Die Wandertafeln geben jedoch 2,5 Std. an. Der rucksacklose Rücken scheint wie eine Schubrakete auf die Gehgeschwindigkeit zu wirken und wir rasen im Dunkeln den Berg hinauf. Nach einer Stunde Orientierungstraining über eiskalte Gletscherbäche und durch finstere Lenga-Wälder erreichen wir das nächstgelegende Campamento Los Torres, von dem aus eine ca. 45min-lange Besteigung eines Geröllfeldes ausgeht. Dies entpuppt sich als wirkliche Herausforderung. Wie kommen denn hier die 0815-Trekker mit Joggingschuhen hoch, wenn ich mit meinen hohen und festen Wanderstiefeln schon zu kämpfen habe, denke ich mir so und steige brav Stein für Stein in die Höhe. Nass geschwitzt und reichlich erleichtert erreichen wir ca. 6min vor Sonnenaufgang den Mirador der Torres del Paine.
Die Spitzen der Granitnadeln tauchen wieder in Wolken ein, aber der Blick ist eigentlich ganz gut. Hinter uns wird das orange-rot des Sonnenaufgangs immer kräftiger, bis endlich die ersten Sonnenstrahlen auf die Türme von Paine fallen und diese in ein warmes Rot färben! Wir haben es doch geschafft! Erleichtert und aufgeregt zugleich feuern wir mit unseren Kameras auf das Highlight des Nationalparks.
Das Wetter ist nicht optimal, aber wir haben sie endlich gesehen und es erscheint uns wie eine Belohnung für den Circuito grande, dass wir diesen Augenblick mit nur einigen wenigen anderen verrückten Frühaufstehern teilen dürfen. Die Idee von Michael, hier schon so früh aufzusteigen, war doch super. Dafür bin ich ihm wirklich dankbar!
Das Wetter verschlechtert sich jedoch aufs Neue und wir entscheiden uns für den sofortigen Abstieg nach einer Tasse heißen Tee. Die Zelte werden gepackt und wir verabschieden uns vom Valle Ascencio und steigen ins Tal zur Hostería Los Torres hinab, um nach 9 Tagen Wanderung den liebgewonnenen Nationalpark zu verlassen.
Die Entscheidung war richtig, zwar habe ich keine Zeit mehr einige andere Sehenswürdigkeiten Patagoniens zu sehen, aber dafür hab ich den Park um die Torres del Paine wahrhaftig kennengelernt! Das letzte Stück des Weg wird ungewohnt flach und bei den letzten Metern zur Bushaltestelle überkommt mich ein Gefühl von Stolz: der Soldat, der nach erfolgreicher Mission (ca. 125 km) mit Marschgepäck aus der siegreichen Schlacht heimkehrt!
Vielen Dank auch nochmal an meiner Begleiter aus Nürnberg und Freiburg! Die Zeit mit euch war wahnsinnig schön und sicherlich unvergesslich!

Montag, 11. Februar 2008

Back in town...

Nun bin ich nach neun Tagen Nationalpark wieder in Puerto Natales und bereite soeben meine Weiterreise nach Punta Arenas vor. Meine verschwitzen Sachen werden soeben gewaschen und ein Platz im Bus ist bereits reserviert!

Ueber meinen Trip in den Nationalpark Torres del Paine werde ich in den naechsten Tagen berichten. Zuerst muss ich mich erst wieder an die Zivilisation gewoehnen und meine taeglichen Aufzeichnungen digitalisieren. Euch erwartet ein spannender Bericht! Hasta luego... raimundo.

Freitag, 1. Februar 2008

Aufbruch zum Torres del Paine

Nun sitze ich im Internet-Café in Puerto Natales, muss gleich noch zur Wäscherei und werde dann noch die letzten Einkäufe für die nächsten Tage erledigen. Endlich ist es soweit: 10 Tage im Nationalpark "Torres del Paine". Dieser Park beherbergt eine der schönsten Landschaften Südamerikas. Unter anderem senkrechte Felsnadeln, riesige Gletscherzungen, Regenwald, Halbwüste, türkisgrüne Seen und schäumende Wasserfälle. Also was sollte noch fehlen, um mich in den nächsten Tagen zu amüsieren.

Nach der Beendigung der Datenerhebung zu meiner Diplomarbeit habe ich jetzt nach genau 15 Tagen hier in Patagonien, die sinnvoll genutzt werden wollen. Habe mich bewusst gegen einen kurzen Trip im Nationalpark mit anschließender PeritoMoreno-Gletscherbesichtigung entschieden. Stattdessen verweile ich den Großteil meiner Zeit hier unten im Nationalpark. Zudem habe ich genügend Zeit für den großen Rundwanderweg eingeplant, so dass ich sogar den einen oder anderen Tag auch irgendwo pausieren könnte.

Heute Abend werde ich eine Nacht in einem Hostal verbringen, um dann morgen früh direkt mit dem ersten Bus in den Park zu fahren. Nach ca. 120km Anfahrt werde ich direkt den ersten Tag nutzen, um zum Campamento Torres zu wandern und den weltberühmten Blick auf die Torres zu genießen. Alles weitere werde ich im Laufe des Tages planen. Bis jetzt habe ich auch noch keine Mitstreiter gefunden, mit denen ich den Wanderweg bestreiten kann, da der Circuito für Einzelwanderer, zumindest an manchen Passagen, nicht empfehlenswert ist. Ich denke ich werde aber sicherlich heute Abend im Hostal oder spätestens im Laufe des morgigen Tages Gleichgesinnte treffen, mit denen ich mitwandern kann.

Einen ausfürhlichen Bericht gibt es dann erst nach meiner Rückkehr aus dem Park oder vielleicht auch erst nach meiner Rückkehr nach Santiago. Mein heute Abend bereits gepackter Rucksack weist auch ohne mein Notebook schon enormes Gewicht auf, so dass ich leider auf mein iBook im Nationalpark verzichten muss :-( Naja, WLan würde es da wohl auch nicht geben! ;-) Viele liebe Grüße nach Deutschland! Hasta luego... raimundo.